Grub im Wienerwald

Von Gertrud Vasak-Renner, Grub-Hinterbrühl

Es rauschten die Urwälder im Tal des Sattelbaches, wo heute der Ort Grub liegt. Nur in den Waldungen links des Sattelbaches, die den Herrschaften zu Gaaden und Wildegg gehörten, waren bereits Holzhauer tätig. Die Waldungen rechts des Sattelbaches waren Eigentum und Jagdgebiet der Herzöge von Österreich.

Im Jahre 1177 - gleich nach seinem Regierungsantritt - schenkte der Babenberger Herzog Leopold V. "der Abtei Heiligenkreuz zu seinem, seines verstorbenen Vaters, seiner Mutter, seiner Gattin und seines Bruders Seelenheile, einen Teil der Wälder rechts des Sattelbaches, in der Gegend des heutigen Ortes Grub, im Jahre 1188 "zu seiner Familie und seiner Vorfahren Seelenheile" einen weiteren Teil dieser Wälder.

Auf diesem Boden führten Mönche des Stiftes Heiligenkreuz die ersten Rodungen durch. Dieses Gebiet lag zwischen den Grenzlinien: "Priefamtann, in der Nähe von Heiligenkreuz gelegen: Hausruck und Steckerin bis zum Mitterspitz, an dem der Hanfbach fließt, und von hier zum Roßgipfel, von dem ein Weg zum Weidenbach führt; entlang dieses Baches bis zu seiner Quelle; von dort bis zur Quelle des Münichbaches, entlang dieses Baches bis zu seiner Mündung in den Sattelbach  und diesen Bach entlang bis zum Ausgangspunkt: Priefamtann". Das Jagdrecht in diesem Gebiet blieb jedoch auch weiterhin dem Herzog von Österreich vorbehalten. Bis zum Jahre 1848 blieb hier die Jagd kaiserlich und fiel erst dann an das Stift Heiligenkreuz.

Nach einer Urkunde vom Jahre 1254 verkaufte Ulrikus Asinus von Gaaden der Abtei Heiligenkreuz seinen Besitz in Grub, unterhalb des Hocheck gelegen und aus zwei Mansen (Ganzlehen) bestehend, um 45 Pfund Pfennige. In dieser Urkunde wird der Name Grub erstmals erwähnt. Es war dies die erste Erwerbung des 'Stiftes Heiligenkreuz links des Sattelbaches. Die zwei erwähnten Häuser lagen vermutlich dort, wo heute die Häuser 7 bis 13 liegen. Im Jahre 1270 verkaufte Rapoto von Wildegg dem Stift Heiligenkreuz das Gebiet des Mitterhard, jetzt Hetzenberg genannt, mit einer Manse, dem heutigen Haus Nr. 14.

Die Zahl der Häuser des Ortes stieg ständig an. So erbaute das Stift Heiligenkreuz im Jahre 1223 in Buchelbach die ersten Holzhauerhütten, wo heute die Häuser Nr. 39, 42 und 44 stehen. Bereits 1293/94 wird im Gältenbuch, dem ältesten Grundbuch des Stiftes, Grub als Dorf erwähnt. Im Jahre 1617 standen im vorderen Grub bereits die Häuser Nr. 8, 9, 10, 11, 13, 14, 15, 16, 17 und 18; der weiter rückwärts gelegene Teil, das Lerchfeld, entstand erst in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1652 wurden am Ameisbühel Holzhauerhütten erbaut, die Häuser Nr. 35, 37, 32 und 31.

Die Ansiedlung von Holzfällern (Buchelbach 1223, Ameisbügel 1652 urkundlich belegt) lässt auf eine rege Rodungstätigkeit schließen. Auch die Benennung verschiedener Fluren spricht dafür: Der Name der Rotte Ameisbügel ist nicht auf die Ameise zurückzuführen, sondern auf das mittelhochdeutsche "ameiz" (= abholzen). Im Namen "Stockerin" steckt das Wort abstocken. In der früheren Bezeichnung der Kirchleiten "Großes Gereut" und der früheren Bezeichnung des Mitterspitzes Radinggraben steckt das Wort "reuten" (="roden"). Der Roßgipfel hieß früher "Rotenbrant", d.h. hier wurde Wald niedergebrannt. Der Name "Kohlstatt" bezeichnet Stellen, wo früher in Kohlenmeilern Holzkohle gebrannt wurde.

Zur Zeit der ersten Belagerung Wiens durch die Türken blieb auch Grub vor den heidnischen Horden nicht verschont. Der größte Teil der Einwohner wurde hingemetzelt und die Wohnstätten verbrannt. Über diese Zeit berichtet aber die Chronik sehr wenig. Von den Überlebenden wurde die Siedlung wieder aufgebaut.

Bei der zweiten Türkenbelagerung wurde der Ort neuerlich niedergebrannt. Am 13. Juli 1683 war der Türke über Rekawinkel von Norden her eingebrochen und hatte die Waldsiedlungen überfallen. Lichterloh brannten die Holzhauerhütten am Ameisbügel (heute: Ameisbühel). Die Morgensonne des 14. Juli fand an der Stätte der Hütten und Gehöfte nur rauchende, schwelende Trümmer. Aus der Beschreibung der Opfer von 1683, welche aus dem Jahre 1684 stammt (im Archiv des Stiftes Heiligenkreuz) sind die Verluste in Grub zu entnehmen:

  Tot oder gefangen: An den Folgen verstorben:
Nachbarsleuth (Bauern) 85 16
Dienstleuth (der Abtei Heiligenkreuz) 9 3
Inleuth (Inwohner) 56 12
Gesamt: 150 31
 

Mancher war geflüchtet und kam erst später zurück. Balthasar Kleinschroth, der schon im Oktober 1683 durch das Triestingtal heimgekehrt war, erzählt:

"Überall seint auß der weis Vill Totte Körper gelegen. Es war guet gehen, aber nit allerdings sicher, wegen der Hund, dan sie von aufgefressenes Aaß ganz wild und begierig waren nach menschlichem Fleisch. Hat man sich also wohl vorsehen müssen. Auch trafen wir arme Leuth an, welche waldobst Und Aichel suecheten, damit sie sich erhalten möchten, dan sie sagten, daß si dieser wilden speiß schon gewohnt waren, weil sie sich mit derselben ernähren müeßten solang die Tartaren im Land waren."

Aber auch diesmal baute der unbeugsame Waldbauernmut wieder auf. Die Ortschaft entstand ungefähr einen halben Kilometer weiter nordwestlich, auf dem Gebiet, auf dem sie noch steht.

Aus der Franzosenzeit liegen keine Aufzeichnungen vor, man weiß aber aus mündlicher Überlieferung, daß auch da Schäden zu beklagen waren. Um ihr Vieh vor den Franzosen zu schützen, haben die Bewohner von Grub dieses auf den Breitanger, eine Waldwiese nächst dem Ameisbügel, getrieben. Einige Franzosenkrieger, die auf die Spur gekommen waren, wurden von 3 Gruber Wildschützen erschossen und im Wald begraben. Das Franzosengrab ist an jener Stelle noch heute zu sehen.

Die Auswirkungen des Revolutionsjahres 1848 machten das Dorf Grub im Jahre 1850 zu einer selbständigen Gemeinde; bisher gehörte es unter die Herrschaft des Stiftes Heiligenkreuz. Am 29. Juni 1850 wurde Franz Ringer, Besitzer in Grub Nr. 16 (jetzt: Nr. 18), ehemals Apotheker zu Wien, unter dem Vorsitz des Bezirkshauptmannes von Hietzing, Graf Coudenhoven, zum ersten Bürgermeister gewählt. Damals gehörte Grub zum Bezirk Hietzing.

Die Kapelle von Grub wurde von der Gemeinde - wahrscheinlich bald nach 1784, auf Grund eines Gelöbnisses wegen einer Viehseuche, erbaut. Im Jahre 1851 wurde die Kapelle durch Gemeinschaftsarbeit der Ortsbevölkerung vergrößert und renoviert. Dabei wurde geachtet, dass der "Stylus" erhalten blieb. 1852 schenkte Abt Edmund der Kapelle ein schönes Altarbild, das Christus auf dem Kreuz darstellt (von Friedrich Walzer gemalt).

Auf einem Grundstück, das die Besitzer Johann und Elisabeth Schmölz der Gemeinde geschenkt hatten, wurde im Jahre 1898 eine Volksschule erbaut. In Gemeinschaftsarbeit wurde ein zweckentsprechendes Gebäude errichtet und die Inneneinrichtung geschaffen. Der Schulbetrieb wurde mit 64 Kindern am 5. Dezember 1898 aufgenommen. Bis zu dieser Zeit mussten die Schulkinder von Grub den weiten Weg zur Schule in Heiligenkreuz zurücklegen.

Die beiden Weltkriegen forderten ihre Opfer auch von Grub.
Während des zweiten Weltkrieges fielen auf das Gemeindegebiet von Grub ca. 50 Fliegerbomben. Glücklicherweise wurden nur 3 Häuser beschädigt und waren keine Opfer zu beklagen.

Als im März 1945 die Front im Südosten zusammengebrochen war und die Sowjetarmee unmittelbar vor Wiener Neustadt stand, wurde die Bevölkerung zur Evakuierung aufgefordert. Es ging jedoch niemand fort. Man begann vielmehr im Walde an geschützten Stellen Baracken zu bauen, um sich bei eventuellen Kampfhandlungen dorthin flüchten zu können.

Am 4. April 1945 um 14:30 Uhr kamen die Russen von Baden her nach Grub. Da sich die letzten Truppen der Deutschen Wehrmacht schon Stunden vorher nach Westen zurückgezogen hatten, kam es hier zu keinen Kämpfen.Dennoch flüchteten die Leute nach den ersten Artellerieschüssen in den Wald. Zwei Häuser gingen in Flammen auf. Sechs Wochen nach dem Einmarsch der Sowjettruppen wurde wieder eine zivile Verwaltung, bestehend aus Männern der drei demokratischen Parteien, gebildet. Es gelang ihr, die Sicherheitsverhältnisse zu heben und die Bevölkerung mit den nötigsten Lebensmitteln zu versorgen.

Der Acker rief nach dem Bauer und der Wald nach den Holzhauern; Betriebe und Ämter betreuen die Menschen und der zähe Lebenswille des Österreichers baut wieder an seinem neuerstandenen Vaterland.

Wienerwald Wienerwald Homepage
Ein Service von KPC Internet Consulting